Ermittlung auf 8 Pfoten - Eigenwillige Ermittlerin (1)
#4 of Anthro
Mit dieser kleinen Serie, hier der erste Teil, habe ich mich erstmalig an einen Krimi gewagt. Vielleicht gefällt er euch ja.
Ermittlung auf 8 Pfoten
Eigenwillige Ermittlerin
Was ist der bedrückende Unterschied zwischen Sanitätern und Kriminalkommissaren? Kommissare werden immer gerufen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. In diesem Fall war der Brunnen eine noble Villa im Wald und das „Kind" eine reiche Fähe mit allerlei Schmuck und unschuldig weißem Fell. Wäre da nur nicht das hässliche Einschussloch im Kopf gewesen. Der dunkelgraue Anthro lief den verzierten Weg zum Eingang der Villa hoch, vorbei an pflichtbewussten, jungen Streifenpolizisten, die den Ermittelnden die Presse vom Hals hielten. Der souveräne Rüde, der sich von den Fragen der Zeitungsschreiber nicht stören ließ, sondern seinen Blick zielgerade auf die Villa hielt, grüßte hier und da knapp seine neuen Kollegen, bevor er das Anwesen betrat.
Eine der wichtigsten Personen - für die Ermittlungen -, war zweifelsohne der Forensiker, ein alter, ergrauter Wolf, der sein Fach verstand und den jungen, kräftigen Kommissar durch seinen Maulschutz begrüßte. Auch der Dunkelgraue hatte einen Schutz ums Maul bekommen, der nicht etwa das Maul schützte, sondern den Tatort vor der DNS der Ermittler.
„Wie lange ist sie schon tot?"
„Genau kann ich das nicht sagen", erwiderte der Gerichtsmediziner. „Ich würde sagen, nicht länger als 24 Stunden. Der Fernseher lief noch, als ihr Gatte sie fand."
Der Fernseher war jetzt aus. Die protzige Mattscheibe spiegelte das Grauen des Tatortes so gut wider, wie kein anderes Objekt in diesem Raum. Die Fähe lag mit geöffneten Augen auf dem Sofa, der Glastisch vor ihr, leer, die Fernbedienung, auf dem Fernsehgerät. Untypisch, stellte der erfahrene Ermittler sofort fest. Wozu eine Fernbedienung, wenn sie auf dem Fernseher liegt? Und wie ein gemütlicher Abend sah das auch nicht aus. Abgesehen davon, dass mittlerweile ohnehin Morgen war, aber das passte zu dem, was der Forensiker gesagt hatte; nicht länger als 24 Stunden.
„Todesursache dürfte eindeutig sein", fuhr der Alte fort. „Aber zur Sicherheit landet sie trotzdem bei mir auf dem Tisch. Bevor Sie mich weiter mit Fragen löchern, zu denen ich eh noch nichts sagen kann: Im Hausflur sitzt ihr Mann."
Nicht nur, dass der Alte eine seltsame Art hatte, seine Kollegen wegzuschicken, auch seine Bildsprache hielt der Ermittler im Anbetracht der Todesursache des Opfers für leicht unangebracht. Aber es war nicht so, dass der Kommissar sensibel war.
Der dunkelgraue Rüde mit der schwarzen Jacke und der schwarzen Hose lief in den Flur. Auf der Treppe saß ein Gatte mit gestütztem Kopf und zerknittertem Gesicht. Der trauernde Ehemann, wie er im Buche stand.
„Guten Tag. Rasslo, Kripo Ost-Berlin 5. Sie sind Herr Rinz, der Ehemann der Getöteten?" Der braun graue Kerl nickte sacht. Seine gelblichen Augen wirkten trocken. Wenn er schauspielerte, war er so schlecht, dass es fast schon wieder echt sein konnte.
„Wann haben Sie Ihre Frau gefunden?" Mit schwacher oder gespielt schwacher Stimme begann er zu sprechen, sah dabei auf die geöffnete Tür, an der verschiedene Polizisten standen und redeten.
„Ich weiß nicht ... war ... beim Geschäftsessen. So gegen Mitternacht ... halb ... vielleicht."
Er erweckte den Eindruck, sich sofort ein Alibi zu geben. Aber er hatte das geschickt eingefädelt. Der Ermittler mit den gelblichen, fast mehr ins Weiß gehenden, ernsten Augen, betrachtete den Rüden sehr genau.
„Meine Frau besaß diverse Mietshäuser in der Innenstadt."
„Die jetzt an Sie abgetreten werden ... beziehungsweise deren Wert?", schob Rasslo sofort nach. Der trauernde Ehemann zuckte mit einer Schulter.
„Ist mir momentan gleich. Ich will wissen, wer das getan hat." Dass ihm das so gleich war, glaubte der Graue ihm nicht.
„Wo und mit wem waren Sie essen?", fragte er stattdessen. Wenn schon ein Alibi, dann bitte ein förmlich korrektes.
Der Rüde senkte den Kopf und stammelte los.
„De ... Restaurant ... de la Passion, Landstraße ... Hausnummer weiß ich jetzt nicht. Ich habe meinen Geschäftspartner Hans Rau eingeladen. Wir wollten ... über Geschäfte reden."
Der Anthrorüde nickte sacht. Als nächstes bemerkte er einen Fuchs an der Eingangstür. Er schien mit einem anderen Polizisten durchs Schlüsselloch schmulen zu wollen, dabei stand die Tür ja offen. Komischer Kauz.
„Entschuldigen Sie mich einen Moment", sagte Rasslo zu dem trauernden Witwer und schob sich herüber zur Tür.
„Darf ich fragen, was Sie hier suchen? Das ist ein Tatort."
„Jaa ... das dacht' ich mir", grinste der Rötling über alle Backen. Der hielt sich wohl für besonders schlau, dachte der Graue.
„Rasslo, zweite Mordkommission, Ost-Berlin 5", sagte er und zeigte seinen grünlichen Ausweis vor, so wie er es einst gelernt hatte.
Der Fuchs überraschte mit einem sehr ähnlichen Ding, dass er hervorzauberte und grinste noch breiter.
„Renard. Ebenfalls zweite Mordkommission ..." Er legte den Kopf schief und zwinkerte. „... Ost-Berlin 5!"
Rasslo legte ein Lächeln auf seine Lefzen, um die Situation zu entschärfen. Wenn das der trauernde Witwer mitbekommen hatte, kam das gar nicht gut.
„Dann sind wir sozusagen Kollegen", entglitt ihm in einer denkbar misslungenen Art und Weise.
„Sozusagen!", grinste der Rote erneut. Zu Rasslos Erleichterung fuhr der Fuchs mit fallrelevanten Fakten fort. „Und wie es scheint, ist der Mörder ein Bekannter der Ermordeten gewesen oder er hatte einen Schlüssel ... oder ..."
Der Graue beäugte ihn leicht kritisch.
„... beides!" Der kleinere Kanide stellte sein Grinsen fürs Erste ein und fragte. „Wo liegt die Leiche?" „Im Nebenraum", bestätigte der Wolf umgehend und wollte, auch um von seiner peinlichen Formulierung abzulenken, den Fuchs gleich dorthin führen.
„Sehr gut. Dann schaue ich mich mal oben um", sagte er selbstsicher und zog sich ebenfalls einen Maulschutz auf. Etwas verwundert sah der Graue ihm nach und inspizierte anschließend das Haustürschloss. Keine Einbruchspuren.
Rasslo wurde von Zuhause gleich zum Tatort diktiert, sodass er erst jetzt dazu kam, sein künftiges Büro zu besichtigen und sich dort einzurichten. Wobei einrichten ohnehin übertrieben war. Man hatte ihm gesagt, er sollte einen leistungsfähigen Rechner mitbringen - tragbar - und etwas Papier sowie Stifte. Offenbar hatte der Sparwahn der Stadtverwaltung auch die Kripo Ost-Berlin 5 erreicht.
Ähnliches konnte der Pförtner von ihm womöglich auch denken, wenn er den himmelblauen Trabant an der Schranke sah. Dabei war es ganz und gar nicht billig, einen Trabant zu fahren, da das Benzin heutzutage weit teurer war als zu der Zeit, in der diese Autos gebaut wurden. Der Dackel sah auf seinen Polizeiausweis und ließ ihn passieren. Obwohl die Adresse mit Sicherheit stimmte, so glaubte der junge Rüde, sich verfahren zu haben. Stand das Bürogebäude hinter den alten Lagerhallen oder befand es sich in einem Bunker unter der Erde? Selbst Letzteres hätte ihn weniger überrascht als das, was folgen sollte. Überall, um die fünf großen Hallen herum, standen Streifenwagen verteilt. Der Ermittler parkte seinen Trabant hinter einem der deutlich größeren BKK-Streifenwagen und stieg aus, um zwei Streifenpolizisten zu fragen.
„Entschuldigen Sie ... können Sie mir sagen, wo ich die Polizeidirektion 2a finde?"
„Sie sind doch da." Rasslo ließ seinen Blick noch mal über die tristen Blechhallen streifen.
„Und wo ist die Abteilung Delikte am Kaniden?"
„Da drüben, Halle zwei."
Sprach's und verschwand. Rasslo hatte sicher schon viel Merkwürdiges erlebt. Aber ein Kriminalkommissariat in einer Lagerhalle? Vielleicht sah es ja nur von außen so schlimm aus, dachte er sich und lief auf die Halle zu, um den Schlüssel auszuprobieren, den man ihm ausgehändigt hatte.
Tatsächlich passte der altmodische Schlüssel und die kleine Blechtür gab den Blick aufs Innere frei. Dem starken Wolf boten sich zwei längs aneinander gestellte Schreibtische dar mit je zwei Tischlampen, eine weiße Magnetwand, die für jede Mordkommission unabdingbar war sowie ein Baustellenradio, das schon eher zu den Hallen passte.
Er betrat das Blechmonstrum und schloss die quietschende Tür hinter sich, um einige Schritte auf das spärliche Mobiliar zuzulaufen. Aber noch bevor er begreifen konnte, erlebte er schon die nächste Überraschung. Hinter den Tischen lag eine alte, lumpige Decke. Auf der Decke: ein schwarzer Hund. Dieser sah ihn nicht weniger verwundert an als er diesen. Er hielt inne und betrachtete ihn ausgiebig, viel mehr aber versuchte er den Blick in seinen braunen Augen zu deuten. Er wollte wissen, ob von dem Vierbeiner eine Gefahr auszugehen drohte. Die Augen blickten ihn ernst an, vielleicht sogar ein Stück vorwurfsvoll, aber keineswegs bedrohlich. Meinte er wenigstens.
„Und wer bist du?", fragte er dann schlicht. Er sah nicht ein, vor einem vierbeinigen Hund Angst zu haben. Er schlug sich mit Mördern, Vergewaltigern und anderen Verbrechern herum; selbst wenn der ihn biss, war das bei weitem nicht so schlimm wie all das, was er schon erlebt hatte. Und trotzdem war er Polizist, aus Überzeugung.
Rasslo entschied sich, nicht schnell aber auch nicht ganz langsam um die Tische herumzugehen und sich dem Schwarzen zu nähern. Mit einem Abstand von etwa anderthalb Metern hockte er sich hin. Der Blick des Vierbeiners folgte ihm unablässig. Er hatte seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
„Wer bistn du?", fragte er schlicht. Er versuchte ihm klarzumachen, dass er nichts Böses im Sinn hatte.
„Schau mal", sprach der Kommissar und zauberte eine Brotbüchse aus seiner Jackentasche. Er nahm sich immer etwas zu Essen mit; jetzt zog er seinen Vorteil daraus. Er holte eine Mettwurst aus der Brotbüchse und hielt sie dem Hund hin.
„Du tust mir nichts und ich tu' dir nichts."
Zwar bewegten sich die tiefschwarzen Nasenflügel des Hundes etwas, aber er schien dennoch nicht unbedingt interessiert an dem Fleisch. Ein Wachhund. Ließ nichts aus den Augen, wenn ihm die Situation nicht geheuer war. Sein Blick war so ernst wie der seinige, wenn er nicht wusste, ob sein Gegenüber gleich zum Angriff ausholte oder nicht. Wachsam. Das war das Stichwort.
„Willst du mal schnuppern?", fragte er lässig und hielt seine Pfote hin. Aber der Blick wurde fast böse, als er ihm näher kam. In diesem Augenblick ging die Blechtür erneut auf und der Fuchs trat ein.
Rasslo erhob sich und sprach lässig, während er noch einmal auf das schwarze Tier sah.
„Ich wusste nicht, dass Sie einen Wachhund in Ihrem ... Büro haben", wobei Büro ein Witz war.
Der Fuchs lachte etwas. „Wachhund. Hast du das gehört, Vitesse? Er hat dich zum Wachhund herabgestuft."
Der Rötling legte etwas auf dem Tisch ab und sprach, während er sich die Jacke auszog.
„Würde man ihr eine Uniform schneidern, hätte sie vier volle Sterne verdient!", prahlte er.
Der vermeintliche Wachhund ließ ihn nicht aus den Augen, während sich Rasslo an den Schreibtisch setzte. Welcher seiner war, war kaum zu sagen, weil beide fast leer waren.
„Aber bitte lassen wir doch das schreckliche Sie!", fuhr der kleinere Kanide fort.
Der Graue sah ihn erwartungsvoll an, während der Fuchs weiter sprach.
„Vitesse ist deine neue Kollegin. Nichts weniger. Ihr werdet zusammen ermitteln."
Ungläubisch sah sich der Dunkelgraue zu dem schwarzen Hund um. Kollegin?
„Vitesse ... das heißt so viel wie Schnelligkeit, Geschwindigkeit. Also ...die Schnelle. Du wirst schon noch sehen, warum." Zwinkern. Rasslo beäugte den Fuchs beinahe so kritisch, als hätte dieser mit dem Mord zu tun. Er zwang sich, dem ganzen etwas offener gegenüberzustehen.
„Und sie wohnt hier?", fragte der souveräne Ermittler.
„Jein. Zur Zeit schon, weil es draußen auch nicht mehr so angenehm warm ist und ihr Fell nicht geschaffen ist für eisige Temperaturen ... hat er mir erklärt", murmelte der Rote und sah kurz zur Seite. „Aber eigentlich lebt sie draußen. Versuch bloß nicht, sie an die Leine zu legen. Sie ist eigenständig wie du und ich. Sie hört nicht auf Kommandos. Viel besser, sie macht selbst, was sie für richtig hält."
„Hab ich gemerkt", grinste der Graue und dachte an die abgelehnte Mettwurst.
„Du musst ihr Vertrauen gewinnen, nur so wird sie dir eine Hilfe sein."
Es klang in seinen Ohren schon seltsam, dass er das Vertrauen einer Hündin gewinnen sollte, um vernünftig ermitteln zu können. Aber er zwang sich erneut, offen zu sein für neue Ermittlungsmethoden. Der Graue nickte leicht ungläubisch und wechselte das Thema.
„Überprüfst du bitte das Alibi von diesem Ehegatten? Er gibt an, bis kurz vor Mitternacht mit einem Geschäftspartner namens Hans Rau zusammen gegessen zu haben im Restaurant de la Passion."
„Klar, mache ich", grinste der Rotschopf.
Rasslos nächster Blick galt noch einmal der ihn unablässig anstarrenden Hündin hinter ihm auf der Decke.
Da das Türschloss unbeschädigt war, fuhr der Hauptkommissar zunächst zu den Personen, die offiziell einen Schlüssel zur Villa besaßen. Dazu gehörten laut dem Ehegatten auch die Haushälterin und der Gärtner. Rasslo hatte schon losgehen wollen, als der Fuchs ihn mit seinem üblichen Witz darauf hinwies, dass er doch etwas, respektive_jemanden_ vergessen hatte. Natürlich, wie konnte er nur seine „Kollegin" da unten auf dem Fußboden liegen lassen! Rasslo sparte sich Kommentare wie ... als Jungwolf habe er auch mal einen Kanarienvogel besessen. Der Fuchs hätte ihm nur eine erneute Standpredigt gehalten, dass das kein Haustier, sondern seine Kollegin war. Ein hübsches Tier war sie ja schon. Aber eine Kollegin?
Das Ganze ging ja schon einmal damit los, dass sie offenbar andere Vorstellungen von Beförderung hatte. Einen eigenen Willen besaß sie jedenfalls. Unter diesen Umständen ging der erste Punkt an den Kanarienvogel.
„Na was ist? Steigst du ein oder willste laufen?" Die Frage hätte er nicht stellen dürfen. Die offene Tür des Trabants ignorierte die Schwarze jedenfalls. Ihr Blick war beinahe streng, als wollte sie dem Rüden mitteilen, dass sie nicht mit einem so alten Gefährt zu reisen gedachte. Rasslo gehörte nun einmal nicht zu den Kommissaren, die nur wer waren, wenn sie einen schicken Mercedes S-Klasse unterm Arsch hatten.
„Dann eben nicht", sprach er und schloss die hintere Tür seines alten Wagens wieder. Er setzte sich ans Steuer und startete den Motor. Als er wendete, ließ die Schwarze ihn keine Sekunde aus ihren braunen Augen, trat stattdessen zurück wie ein scheues Reh, als gedachte er sie zu überfahren. Kurz nachdem er losgefahren war, rannte sie dem Wagen hinterher. Er beobachtete dies mit einem Lächeln im Rückspiegel. Offenbar war diese „Kollegin" wirklich sehr eigen, aber ob sie auch ihres guten Rufes würdig war?
Die Haushälterin selbst wohnte in einem sehr bescheidenen, alten Mietshaus, das schon etwas heruntergekommen war. Und Rasslo wollte wetten, es gehörte dem Mordopfer. Vermutlich schon kein ganz schlechter Grund, jemanden umzubringen. Die Bude war noch hässlicher als sein „Büro".
Kurz nach dem Klingeln ertönte es knarzig aus dem Lautsprecher.
„Ja bitte?!"
„Guten Tag. Rasslo mein Name, Kripo Ost-Berlin 5. Sind Sie die Haushälterin von Ehepaar Rinz?"
„Kann sein. Was wollen Sie?" „Mit Ihnen reden."
Stille. „Hallo?"
Das Hintergrundrauschen war verschwunden, was bedeutete, dass sie nicht mehr hörte. Rasslo wollte abdrehen und erst einmal zum Gärtner fahren, als sich plötzlich die große Tür zum Hof öffnete.
„Was wollen Sie?", fragte eine alte Fähenstimme. Die Alte war nicht sehr groß, größtenteils ergraut und ihre Miene grimmig. Da machte er lieber selbst sauber, dachte er bei sich.
„Es geht um Frau Rinz. Sie ist tot." „Das weiß ich." „Woher?", wollte der Kommissar wissen. Just in diesem Moment hörte er ein Hecheln. Auf dem Fußgängerweg, auf dem er ebenfalls stand, kam sie herbeigeeilt: Vitesse. Sie hechelte wie nach einem Marathon und ließ ihre rosafarbene Zunge heraushängen. Der Anthrorüde warf ihr ein leicht spöttisches Grinsen zu.
„Von meinem Chef, wen sonst? Er rief an und sagte, das ich heute nicht kommen brauche. Noch Fragen?" Die Alte, die ebenso kurz auf die herannahende Hündin geschaut hatte, die nun etwa zwei Meter neben dem Kommissar anhielt und auf die Fähe sah, wollte ihn loswerden, das war sicher.
„Können wir drinnen weiter reden? Muss nicht jeder hier wissen, denken Sie nicht auch?", fragte der Kommissar.
Widerwillig schob sie sich beiseite, ließ den grauen Anthrorüden durch und schloss das große, hölzerne Ding wieder. Gerade so konnte die Schwarze noch mit durch huschen. Im schnellen Schritt überholte sie ihn, um am Ende dieser Unterführung, die zum Hof führte, stehen zu bleiben und sich mit verschränkten Armen an die Wand stellte.
„Hier sind wir ungestört." Der Kommissar, der freilich mehr daran gedacht hatte, in die Wohnung zu gehen, fuhr mit ernstem Gesichtsausdruck fort, während das schwarze Tier eins wurde mit der Dunkelheit des Durchgangs, wo es an der geschlossenen Tür in der Ecke saß.
„Wann haben Sie Frau Rinz das letzte Mal gesehen?" „Gestern. Ich mache jeden Tag um 17 Uhr Feierabend", antwortete sie.
„Und ist Ihnen da irgendetwas Auffälliges unter die Augen gekommen?"
„Nein." Besonders kooperativ erschien sie ihm nicht. Eher höchst misstrauisch. Aber da kannte er noch jemanden.
„Hatte Ihre Chefin irgendwelche Feinde?"
„Reiche haben immer Feinde", sprach sie mit versteinerter Miene. „Also fragen Sie mich nicht nach Namen." Das klang so, als kannte sie welche.
„Wer hätte denn sonst ein Motiv, Frau Rinz umzubringen?" „Fragen Sie doch mal Ihren Mann." Das hatten sie schon getan, aber ... halt. Die Alte meinte das anders.
„Wie?", fragte der Kommissar nach. „Glauben Sie, dass er als Täter in Betracht kommt?" „Er erbt alles und wir dürfen sehen, wo wir bleiben. Ist das kein Motiv?" „Wer sind wir?", fragte er wie aus der Pistole geschossen.
„Herr Leubel, der Gärtner, und ich."
Der Kommissar nickte nachdenklich. Der Blick aus den dunklen Augen seiner ... Partnerin, sah aus, als würde er töten wollen. Galt er ihm oder der Zeugin?
„Das war's auch schon. Vielen Dank." Nach einem Alibi hatte er bewusst nicht gefragt, aber das schloss sie als Täterin nicht aus. In der Tat war der Eherüde der Ermordeten der mit dem besten Motiv.
Als er der Hündin die Tür öffnete, fixierte sie ihn, als ob er etwas Schreckliches getan hätte. Also entschied er, voranzugehen. Sie würde schon schnell genug durch die Tür schlüpfen können - und so war es auch.
Allerdings stellte sich heraus, dass sie erneut nicht mitzufahren gedachte. Er öffnete die Beifahrertür und forderte sie auf, einzusteigen. Aber Rasslo war niemand, der bettelte und flehte, wenn jemand nicht das tat, was seiner Vorstellung entsprach. Er zuckte mit den Schultern, schloss die Tür wieder und ging zur Fahrerseite.
„Dann halt nicht."
Die schwarze Fähe sah sich um, als hatte sie einen genauen Plan, was sie jetzt machen würde. Er lächelte über diesen Gedanken. In Wahrheit war sie doch nur auf der Suche nach dem nächsten Baum oder hatte einen hübschen Rüden erspäht. Hunde eben. Er startete den Motor und fuhr los. Sein nächster Zeuge wartete schon.
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Wer ist der Mörder? Hier erfährst du es!